Heinz Harry
14 Jahre, † 9. Dezember 1942
Heinz Harry wird am 6. April 1928 geboren. Bis zum 14. Dezember 1941 lebt er im Erziehungsheim Marienstift in Oelsnitz (Vogtland). Seine Eltern sind verstorben. Am 15. Dezember wird Harry in den Anstalten Hephata in Treysa (Bezirk Kassel) untergebracht. Auf Antrag des „Reichsausschusses zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“ und des Sächsischen Innenministeriums wird Harry am 6. Februar 1942 nach Dösen überführt. In einem Schreiben an den Oberbürgermeister der Reichsmessestadt Leipzig heißt es: „Der Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden in Berlin hat die Verlegung des Kindes in die Kinderfachabteilung der Landesanstalt Leipzig-Dösen erbeten. Ich ordne diese Verlegung nunmehr hiermit an. Den Angehörigen bitte ich, mitzuteilen, daß die Verlegung aus kriegsnotwendigen Gründen erfolgt und daß der Besuch des Kindes in Leipzig-Dösen gestattet ist. Im Auftrage gez. Dr. Pfotenhauer.“
Zehn Tage später schreibt die Anstalt in einer Anfrage an den Landrat des Kreises Leipzig: „Der vorliegende Fall scheint uns ein Schulbeispiel dafür zu sein, daß bei körperbehinderten und zugleich schwachsinnigen Kindern die aufgewandte Mühe und die Unkosten in gar keinem Verhältnis zum Erreichbaren stehen.
Wir wären Ihnen sehr zu Dank verbunden, wenn Sie uns mitteilen könnten, wie hoch der Betrag ist, der von Ihnen im Laufe der Jahre bisher für das Kind aufgewandt wurde. Wir sind dabei, derartige Unterlagen für eine Zusammenstellung zu sammeln.“ Dabei besaß Harry nur das Nötigste: ein Unterhemd, ein Hemd, ein paar Socken, eine Unterhose, eine Hose und zwei Taschentücher.
Anfang April erhalten die Angehörigen ein Schreiben, dass Harry am 6. April 14 Jahre alt wird und ab diesem Zeitpunkt die Verpflegungskosten 3,50 Reichsmark betragen werden. Zwei Monate später wird Harry in die Kinderklinik Leipzig verlegt, doch schon am 6. Juli 1942 kommt er zurück in die Heilanstalt Leipzig-Dösen. Am 7. Dezember 1942 erhalten Harrys Großmutter und sein Vormund ein Schreiben, in dem steht, dass Harry an einer plötzlichen Lungenentzündung erkrankt sei. Zwei Tage später, am 9. Dezember 1942, verstirbt der Junge. Die Todesnachricht erreicht seinen Vormund per Post, die Großmutter wird mündlich von der Polizei informiert. Harrys Vormund bittet die Anstalt darum, sein Mündel einäschern zu lassen. Denn er unterstütze die Großmutter finanziell und könne nicht auch noch für die Beerdigung aufkommen. Harrys Asche solle auf dem Grab seines Vaters auf dem Friedhof Leipzig-Stötteritz beigesetzt werden. Der Bitte wird entsprochen.