Geschichte
1920
Nach dem Ersten Weltkrieg erobert eugenisches Gedankengut breite Bevölkerungsschichten. Die programmatische Streitschrift „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. – Ihr Maß und ihre Form.“ von dem ehemaligen Rektor der Uni Leipzig, Karl Binding, und Alfred Hoche wird in Leipzig veröffentlicht.
1929
„Würde Deutschland jährlich eine Million Kinder bekommen und 700 000 bis 800 000 der Schwächsten beseitigen dann würde am Ende das Ergebnis vielleicht sogar eine Kräftesteigerung sein.“ – Adolf Hitler auf dem Reichsparteitag in Nürnberg.
1933
Das Sterilisationsgesetz wird am 14. Juli beschlossen und tritt am 1. Januar 1934 in Kraft. Massenhafte Sterilisierungen zwischen 1934 und 1945 waren die Folge. Insgesamt waren etwa 400 000 Menschen betroffen. Allein in der Landesheil- und Pflegeanstalt Leipzig-Dösen werden bis 1940 583 Patienten sterilisiert.
1939
Mit der Tötung des Kindes K., dessen Identität noch nicht abschließend geklärt ist, nimmt die Kindereuthanasie in Leipzig ihren Anfang. Das Kind wurde angeblich auf Wunsch seines Vaters von Professor Werner Catel, Leiter der Universitätskinderlinik Leipzig, „eingeschläfert“. Bis 1943 werden in zwei Leipziger „Kinderfachabteilungen“ (Universitätskinderklinik und HPA Leipzig-Dösen) mehrere hundert Kinder ermordet.
Am 18. August 1939 ergeht aus dem Reichsministerium des Innern ein streng vertraulicher Runderlass über die Pflicht zur Meldung behinderter Kinder bis 3 Jahre. Im Oktober unterschreibt Hitler die „Euthanasie-Ermächtigung“ an Reichsleiter Philipp Bouhler, Leiter der Kanzlei des Führers, und seinen Begleitarzt Karl Brandt. Ab Herbst gehen die Meldebögen in die Anstalt ein.
1940
In Brandenburg, Grafeneck, Hartheim, Pirna, Bernburg sowie Hadamar werden Tötungsanstalten eingerichtet. In Dösen wird an rund 100 Patienten eine medikamentöse Tötungsmethode erprobt – das sogenannte „Luminal-Schema“.
1941
Am 24. August wird die Gasmord-Aktion aus außen- und innenpolitischen Gründen gestoppt. Bis dahin fielen der Euthanasie rund 70.000 Erwachsene und Kinder zum Opfer, darunter 800 bis 900 Dösener Patienten. Im selben Jahr wird die Altersgrenze für Kindereuthanasie von 3 auf 16 Jahre angehoben.
1942
Ab August werden die organisierten Tötungen durch Medikamentenüberdosierung und Nahrungsmittelentzug in der HPA Großschweidnitz fortgeführt. Fast alle Leipziger Patienten werden ab diesen Zeitpunkt dorthin „verlegt“.
1945
Bei Kriegsende hat die HPA Leipzig-Dösen noch 229 Patienten – zwischen 1.000 und 1.200 wurden ermordet.