Arthur Mittag
1906 in Gottleuba geboren
1933 Nach dem Medizinstudium in Würzburg, Rostock, Erlangen, Frankfurt am Main und Leipzig tritt er der NSDAP bei und engagiert sich später in der Leipziger NSDAP-Geschäftsstelle „Arbeit, Wohnung und Siedlung“.
1934 Am 1. November wechselt Mittag von seiner früheren Arbeitsstelle in der Landesanstalt Arnsdorf zur Heil- und Pflegeanstalt Leipzig- Dösen – der Arnsdorfer Direktor Maaß bedauert den Wechsel sehr. In den Folgejahren profiliert sich Mittag neben seiner Arbeit als Stationsarzt in mehreren Kursen auf rassenhygienischem Gebiet.
1935 Im Juli überträgt ihm die Direktion der Heil- und Pflegeanstalt Leipzig-Dösen die Leitung der erbbiologischen Abteilung. Durch seine Spezialisierung wird Mittag auch im rassenpolitischen Amt der NSDAP tätig, arbeitet als Beisitzer im Erbgesundheitsgericht und engagiert sich in der rassenhygienisch orientierten städtischen Eheberatung. Arthur Mittag erstellt zahlreiche Sterilisationsgutachten. Darin gibt er differenzierte Beschreibungen ab, bemüht sich um eine umfassende Darstellung der jeweiligen individuellen Situation und entscheidet sich in Zweifelsfällen eher gegen eine Unfruchtbarmachung. Er gehört zu den wenigen Ärzte in der Heil- und Pflegeanstalt Leipzig-Dösen, die Sterilisationen häufiger ablehnen als befürworteten.
1938 Im März heiratet Arthur Mittag die Krankenschwester Elisabeth Pohl, die in der erbbiologischen Abteilung mit ihm zusammen gearbeitet hat. Der Mediziner schließt seine Dissertation ab.
1940 Im Oktober wird ihm die Leitung der neu eingerichteten „Kinderfachabteilung“ in der Heil- und Pflegeanstalt Leipzig-Dösen übergeben. Hinter der harmlosen Bezeichnung „Kinderfachabteilung“ verbergen sich Selektions und Euthanasiestationen. Wegen gesundheitlicher Probleme ist Arthur Mittag bei Kriegsbeginn nicht eingezogen worden, muss aber weiterhin mit einer Einberufung rechnen – in seiner neuen Position kann er jedoch durch den Einfluss des „Reichsausschusses zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“ u.k. („unabkömmlich“) gestellt werden. Dieses Privileg wird nur wenigen im zivilen Bereich tätigen Personen zuteil.
1941 Dr. Arthur Mittag wird Vater und lässt seinen Sohn evangelisch-lutherisch taufen. Später mutmaßt er, aufgrund dieser Entscheidung bei Beförderungen übergangen worden zu sei.
1943 Ende des Jahres wird die Dösener „Kinderfachabteilung“ nach Großschweidnitz ausgelagert und Dr. Arthur Mittag ebenfalls nach Großschweidnitz versetzt. Er versicherte dem dortigen Personal, dass er die volle Verantwortung für die von ihm angeordneten Kindstötungen trage.
1945 Nach Kriegsende taucht Mittag nicht unter – im Gegensatz zu vielen anderen Tötungsärzten. Im Oktober wird er in Folge der Entnazifizierung aus dem Anstaltsdienst entlassen und übernimmt auf Anordnung der sowjetischen Militärregierung eine Allgemeinpraxis in seiner Geburtsstadt Bad Gottleuba.
1946 Dr. Arthur Mittag wird aufgrund seiner Beteiligung am Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten festgenommen. Er sagt aus, er habe in Dösen und Großschweidnitz in rund 800 Fällen die Tötung von Kindern angeordnet. (Christiane Roick, Heilen, Verwahren, Vernichten. Die Geschichte der sächsischen Landesanstalt Leipzig-Dösen im Dritten Reich, Dissertation, Leipzig 1997.)
Dr. Mittag nimmmt sich am 21. August in Untersuchungshaft das Leben. Der Mediziner wählt für seinen Freitod ausgerechnet „Luminal“, jenes Medikament, mit dem in der „Kinderfachabteilung“ der Heil- und Pflegeanstalt Leipzig-Dösen behinderte Kinder getötet worden waren.